Shangri-La. Ein bisschen Tibet vor Tibet.

14. – 16. Februar >> Artikel von Helen<<

Shangri-La. Oder auf Chinesisch: Xiang ge li la. Von diesem Ort haben wir schon viel gehört. Nicht nur, dass dort das Paradies sein soll, von dem in „Lost Horizon“ erzählt wird. Auch viele Leute, die wir in Gongshan kennengelernt haben, kommen von dort.

Nach unserer Wanderung in der Tigersprungschlucht ging es direkt weiter nach Shangri-La. Genauer gesagt nach Zhongdian, Shangri-La heißt sowohl der Bezirk als auch die Stadt, von welcher der Bezirk aus verwaltet wird. Während Nina und Nadja die meiste Zeit der Fahrt verschlafen haben (was nach dem bisschen Wandern schon verständlich ist), waren Franzi und ich recht neugierig, wie sich die Landschaft diesmal verändern würde. Wir wussten, dass Zhongdian auf etwas über 3000 Meter über dem Meeresspiegel liegen sollte. Also ging es erst einmal eine ganze Weile den Berg hinauf. Die ersten größten Stupa Ansammlungen waren zu sehen, die Häuser waren nun größten Teils aus Lehm und Holz gebaut. Auf einmal waren wir dann auf einer Art Hochebene. Es war nicht unbedingt eine Ebene, aber die großen Schluchten, in denen sich das Sonnenlicht verloren hatte, waren verschwunden. Der Bus fuhr nun meistens geradeaus, links und rechts waren etwas Wald und ein paar Hügel zu sehen. Ganz im Hintergrund konnte man noch die hohen Berge der Tigersprungschlucht erkennen.

Schließlich kamen wir in Zhongdian an. Der Wind war ziemlich kalt, also machten wir uns recht schnell auf die Suche nach einer Bleibe. Unser Youth Hostel war am Rande der Altstadt und ziemlich tibetisch eingerichtet (Gebetsfahnen, Mandalas an den Wänden…).
Am ersten Abend liefen wir noch einmal durch die Altstadt und fanden auf einem großen Platz tanzende Menschen! Da mussten wir uns natürlich gleich anschließen! Jedoch stellten wir recht schnell fest, dass die hier gezeigten tibetischen Tänze anders waren, als die, die wir gelernt haben. Man konnte mal wieder feststellen, dass die tibetischen Tänze schwieriger sind als z. B. die der Lisu: Der Tanzkreis in Zhongdian verlief weitaus chaotischer als der in Liuku!

Am nächsten Morgen (nach schönen warmen Duschen am Abend vorher) sind Franzi, Nina und ich losgezogen, um die Stadt zu erkunden. Man musste jedoch recht vorsichtig laufen, überall im Schatten war der Boden vereist!
Zuerst schlenderten wir etwas durch die Sträßchen und Gässchen. Dabei kamen wir an einer großen Stupa vorbei. Man legt eine kleine Opfergabe an eine Stelle und geht dann im Uhrzeigersinn einmal herum. Das Einzige, was wir dabeihatten, war etwas Schokolade. Also haben wir uns schweren Herzens von einem Stückchen getrennt. Dieses Stück haben wir dann zu den anderen Sachen gelegt und sind unseres Weges gegangen.

Die Stupa mit Gebetsfahnen und kleinen Gebetsmühlen außenherum

Die Stupa mit Gebetsfahnen und kleinen Gebetsmühlen außenherum

Bevor wir uns in den ersten buddhistischen Tempel aufmachten, erregte etwas anderes unsere Neugierde. Erst dachten wir, es wäre vielleicht ein Minderheitenmuseum. Allerdings stellte es sich recht schnell als Fehler heraus! Es war ein Museum über die kommunistische Partei Chinas und wie diese einige Expeditionen zur Befreiung des Volkes durchführte (das ist politisch vielleicht nicht ganz korrekt, aber das war es, was wir gelesen haben).

Um uns darauf hin vielleicht etwas mehr erleuchten zu lassen, sind wir zum Tempel direkt gegenüber gegangen. Nachdem wir die geschätzten 250 Stufen nach oben erklommen waren (ja, auf über 3000 Höhenmetern war das etwas anstrengender, wenn auch nicht so schlimm wie erwartet), liefen wir erst einmal eine Runde um den Tempel herum (im Uhrzeigersinn) bevor wir hinein gingen.
Drinnen darf man leider keine Bilder machen, ansonsten würdet ihr jetzt die buntesten Heiligenbilder zu Gesicht bekommen, die ich je gesehen habe!
Da gab es blaue Riesen mit drei Augen, die unter ihren Pranken arme Wesen zerquetschten, es gab Frauen mit tausend Armen und auf jeder Hand noch ein Auge, es gab wütende Reiter auf Pferden und Drachen, erleuchtete Buddhas und an allen Wänden und Säulen bunte Fahnen und Tücher.

Vor den meisten Bildern oder Statuen waren Opfergaben, wie auch schon vor der Stupa. Im Tempel wurde allerdings noch viel mehr hingestellt. Da gab es reihenweise Eistee, Wasser, Milch und andere Getränke. Ein bisschen sah es aus, wie in einem Supermarkt 😉

Smile! Franzi und Helen vor dem Tempel

Smile! Franzi und Helen vor dem Tempel

Huch, wer hat sich da aufs Bild geschlichen?!

Huch, wer hat sich da aufs Bild geschlichen?! Und wo eine Chinesin ist…

... ist der Rest der Gruppe auch nicht weit! :D Willkommen in China, blonder Ausländer!

… ist der Rest der Gruppe auch nicht weit! 😀 Willkommen in China, blonder Ausländer!

 

Gebetsfahnen und Rauchschwaden verhüllen den Blick auf einen Seitentempel

Gebetsfahnen und Rauchschwaden verhüllen den Blick auf einen Seitentempel

Dann ging es ans Gebetsmühlendrehen: Vor dem Tempel befand sich eine riesige goldene Gebetsmühle. Zu dritt hatten wir nicht einmal den Hauch einer Chance, das Ding zu bewegen! Irgendwann waren genügend Leute da, die mitgezogen haben, so konnten wir sie drei Mal im Uhrzeigersinn drehen. Zusammen schafft man eben mehr!

Die Riesengebetsmühle

Da wir noch zur großen Klosteranlage wollten, machten wir uns noch einmal auf den Weg zu unserem Hostel, um ein paar Sachen abzulegen. Wir kamen auch noch einmal an der Stupa vorbei, an der wir unser kleines Schokoladenopfer dargebracht hatten. Was wir da erblickten, musste eine Botschaft aus dem Himmel sein! Zu sehen war nur noch ein großer brauner Klecks, der einstigen Schokolade. In der Sonne dahin geschmolzen…
Das kann nur heißen, dass man Schokolade selber essen soll!

Unser missglücktes Schokoopfer...

Unser missglücktes Schokoopfer… die Botschaft ist eindeutig!

Nun machten wir uns zum großen buddhistischen Kloster auf. Im Lonely Planet Reiseführer stand, dass man etwa eine Stunde laufen würde. Also machten wir uns auf den Weg. Womit der Reiseführer nicht gerechnet hat: drei Minderheitentrachten begeisterten Mädels aus Gongshan!
Somit hatten wir etwa die Hälfte der Strecke in einer dreiviertel Stunde zurückgelegt. Da wir aber heute noch irgendwann ankommen wollten, haben wir uns in einen Bus gesetzt (nur um festzustellen, dass wir eigentlich gar nicht mehr so lange gebraucht hätten).

Song Zan Lin Si

Ja, der Eintritt war recht teuer, aber die 100¥ haben sich wirklich gelohnt. Nachdem man sein Ticket gekauft hatte, wurde man mit einem Bus zum Tempel gefahren. Dort angekommen musste man noch einmal sein Ticken vorzeigen und konnte sich dann in der Anlage recht frei bewegen. Leider durfte man auch hier nicht in den Gebäuden selber fotografieren, aber die Eindrücke waren etwa wie die im kleineren Tempel – nur dass alles noch größer und prachtvoller war. Schließlich ist diese Anlage auch die zweitgrößte und älteste nach dem Potala in Tibet.

Der Songzanlintempel - ganz schön viel Gold!

Der Songzanlintempel – ganz schön viel Gold!

Die Mönche hier waren alle in Rot gekleidet. Sehr passend zu diesen Gewändern haben die Meisten von ihnen Sportschuhe getragen. Außerdem hatten einige ein Handy. Die jüngeren unter ihnen haben uns alle sehr stark an alle möglichen Schüler aus Gongshan erinnert. Sie hatten genauso viele Hummeln im Hintern und ein freches Grinsen im Gesicht. 😉

Wichtig in einem solchen Tempel ist, ähnlich wie auch in Europa: Keine Hüte tragen, keinen Lärm machen, keine Fotos machen, angemessen gekleidet sein und – immer im Uhrzeigersinn durchlaufen!
Eigentlich kann man das auch nicht falsch machen. An fast jedem Eingang stehen Mönche, die einem Räucherstäbchen in die Hand drücken (was tut man damit?) und einen in die richtige Richtung weisen. Manche von ihnen konnten Englisch und haben uns gefragt, wo wir herkommen.

Da wir alles darin eigentlich ziemlich interessant fanden, jedoch recht wenig Ahnung hatten, war der Beschluss: Jeder hält einen kleinen Vortrag über ein spannendes Thema. So hat jetzt jeder ein Thema bekommen, dass sich mit allen möglichen Facetten des Buddhismus und der tibetischen Minderheit auseinander setzt. Mal sehen, wann wir alle fertig sind. 😉

Nach diesem recht anstrengend Tag sind wir wieder zurück zum Hostel und in unsere Betten gefallen. NICHT.
Da wir auf unserem Hinweg schon an so vielen Minderheitenläden vorbei gegangen waren, mussten wir unsere Zeit jetzt natürlich ausnutzen. Nach dem Abendessen ging es los: Von einem Laden zum nächsten (Nadja wurde irgendwann dazu beordert). Eines muss man sagen: Die meisten Lisu-Trachten sind farblich echt schlicht gegen die meisten Tibetischen! Da findet man knallgelb auf hellrosa und flauschiges Kunstleopardenfell auf regenbogenfarben-gestreift, um nur mal einige dieser Kombinationen zu nennen.
Nach mehreren Läden hatte tatsächlich jeder mindestens eine Tracht gefunden, so dass wir mit gar nicht so viel weniger Geld (die Trachten sind erstaunlich günstig) und vollbepackt in unsere Zimmer zurück sind. Dann mussten wir natürlich noch mal alles in etwas mehr Licht und verschiedenen Kombinationen betrachten.
Danach sind wir aber wirklich ins Bett gefallen 😉

Shangri-La als Paradies

Zhongdian wurde nur aus touristischen Zwecken umbenannt. Die Stadt an sich war eigentlich recht unspektakulär, es gab außerhalb der Altstadt und dem großen Tempel recht wenig zusehen. Trotzdem gefällt mir die Stadt besser als Lijiang oder Dali. Vielleicht liegt es daran, dass hier alles ziemlich tibetisch war? Oder daran, dass uns so viele Leute von diesem Ort vorgeschwärmt hatten und ich schon voreingenommen war? Oder, weil es alles nicht so touristisch war und man daher viel eher einen Einblick in das Alltagsleben der Leute haben kann? Vielleicht auch, weil… ja… gute Frage! Eigentlich war dieser Ort einfach total normal. Was ist auch das Paradies? Ist das wirklich ein Ort, an dem alles perfekt ist? Wäre das nicht total langweilig – oder würde man sich nicht langweilen, da ja alles perfekt ist? Vielleicht ist das Paradies gar kein perfekter Ort, vielleicht ist es einfach da, wenn man glücklich ist und man sucht es, wenn einem im Leben etwas fehlt. Das Paradies muss an keinen bestimmten Ort gebunden sein, es kann überall sein wo man es haben will. Eben in Shangri-la. Wo auch immer das sein mag. Ein Teil davon ist auf jeden Fall in Zhongdian!

3 Responses so far.

  1. Barbara sagt:

    Ich wünschte mir, ich könnte auch dort sein! So schöne Fotos! Mein Lieblingsbild dient mir seit gestern als Desktophintergrund. 🙂

  2. Susi sagt:

    Heyho,
    das ist lustig, am Dienstag war ich bei einem Vortrag über Tibet, also von einer Frau, die da war bevor die alles dicht gemacht haben und das sah alles genauso aus wie in Shangri-La 🙂
    Nina, du weißt schon, dass sich die Sommerroute damit schon wieder ändert 😀 Zu viele Sachen die zu sehen sind in nur 30 Tagen…
    Aber wir müssen eben das beste rauspicken 😀 Ich finde Tibet ist dabei, auch wenn es kein echtes Tibet ist 😛

  3. Vera sagt:

    Ich könnte wetten dass alle Besucher der Seite darauf brennen, Bilder von euch in Trachten zu sehn… 😉

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