Die Reise

02.09.2012 – Der Beginn einer beinahe 4-tägigen Reise

So fing alles an…

Flughafen Frankfurt, 11 Uhr morgens: bis auf Jonas, der meinte wir würden uns erst um 13 Uhr treffen, obwohl unser Flieger bereits um 13:55 abfliegen sollte (!!!), waren alle überraschenderweise pünktlich und so hatten wir, als Jonas schließlich gegen 12 Uhr endlich ankam, bereits unser, zum größten Teil übergewichtiges Gepäck eingecheckt und standen mit unseren Familien und Freunden abwartend da. Nachdem auch er sein Gepäck aufgegeben hatte, begannen wir uns zu verabschieden und betraten den Abflugbereich – durch die Passkontrolle kamen wir ohne Probleme und, nach ein wenig gutem Zureden, auch durch den Check des Handgepäcks – welches ebenso viel Übergewicht hatte, wie alles andere auch ;)… So begann also unsere Reise nach China.

Im Wartebereich ging es zunächst zu wie in einem Bienenschwarm, denn die meisten hatten sich ja seit dem Vorbereitungsseminar nicht mehr gesehen und somit gab es viel zu erzählen. Die Themen kreisten zumeist um Impfungen, den Inhalt der Koffer und die Feststellung, was man bereits alles vergessen hat und so verging die restliche Wartezeit wie im Flug. Mit nur ein klein wenig Verspätung hoben wir schließlich um kurz nach 14 Uhr ab und 10 Stunden später kamen wir morgens, ziemlich übermüdet, gegen 6/7 Uhr Ortszeit in Hongkong an.

Anflug auf Hongkong mit Blick auf einen tollen Sonnenaufgang

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

03.09.2012 – Ankunft in China

In Hongkong hatten wir einen Aufenthalt von beinahe fünf Stunden und so lagen wir in einem großen Berg aus Menschen und Handgepäck mitten im Flughafengebäude herum, bis es gegen 11 Uhr endlich weiterging. Auch dieser Flug verlief ohne Probleme, das Essen war, wie auch auf dem vorherigen Flug, erstaunlich essbar und da nur die Hälfte der Plätze belegt war konnten wir uns in den hinteren Reihen sogar quer über vier Sitzen liegend schlafen legen – so hätte der Flug sogar gerne noch länger dauern können, aber gegen 14Uhr kamen wir bereits in Kunming 昆明 an.

Dort verbrachten wir zuerst beinahe eine Stunde damit alle Gepäckstücke einzusammeln, Geld umzutauschen und überhaupt erst einmal in China anzukommen – bevor wir dann von Julian, Miss Wan, Mr. Duan und einigen anderen in Empfang genommen wurden. Mit einem Bus ging es zuerst in die Stadtmitte und zum Mittagessen. Dieses stellte wahrscheinlich den ersten größeren Kulturschock für die meisten dar, denn mit dem Essen in deutschen Chinarestaurants lässt es sich kaum vergleichen: Fleisch z.B. wird meist im Ganzen gekocht, und neben Köpfen und Füßen in der Suppe, besteht das Essen auch aus sehr vielen Knochen, diese werden einfach komplett in den Mund genommen, abgenagt und der nicht essbare Teil wird einfach ausgespuckt, sei es auf den Tisch oder auf den Boden – das ist insgesamt doch etwas gewöhnungsbedürftig, aber bereits nach dieser ersten Woche sind wir immerhin so weit, dass wir die Schalen unserer Sonnenblumenkerne ebenfalls einfach auf den Boden fallen lassen… wahrscheinlich wird das Abgewöhnen, wenn wir dann wieder nach Deutschland kommen viel schwieriger^^

 

04.09.2012 – Liuku, das herzliche Willkommen und die ersten Abschiede

Der Nachtbus – Ohne Worte

Weiter ging die Reise in einem sehr abenteuerlichen Nachtbus, der in Deutschland wahrscheinlich schon beim näheren Ansehen auseinander gefallen wäre: drei Reihen mit Stockbetten, die kaum breiter als 40-50 cm waren und dazwischen Gänge, in denen man sich am besten nur seitwärts bewegt hat um überhaupt vorwärts zu kommen und nicht stecken zu bleiben… Für manche war diese Nacht nicht sehr erholsam, doch wir beide haben recht gut geschlafen und so kamen wir schließlich gegen 7 Uhr morgens in Liuku 六库 an. Als erstes haben wir unser Gepäck ins Hotel gebracht und nochmal zwei Stunden geschlafen, bevor es zum Treffen mit den drei Freiwilligen ging, die momentan noch hier in China sind: Julian, Manu und Fiona. Sie haben uns nochmal auf die Zeit hier in China vorbereitet und uns ein wenig darüber erzählt worauf wir besonders achten müssen und was so auf uns zukommen wird.

Gleich darauf ging es zum nächsten Essen, diesmal mit Miss Wan, Mr. Duan und einigen Regierungsbeamten, die wir danach mit „Heho, spann den Wagen an…“, „Bruder Jakob“, „Wonderwall“ und „Lemon Tree“ musikalisch unterhalten haben – sie mögen es extrem gerne, wenn wir irgendetwas vorführen und deshalb haben wir das gleiche Programm kurz darauf bei dem offiziellen Treffen mit dem Vizebildungsminister von Yunnan 云南 noch einmal vorgeführt – Memo an uns selbst: Wir müssen unbedingt unser Repertoire erweitern!!! – langsam sind die Lieder nämlich allen bekannt und werden ein wenig eintönig…^^

Bei diesem Treffen, das gleich nach dem Essen stattfand, waren der Vizebildungsminister von Yunnan, der Chef des Nujiang 怒江 Ausländeroffice, der Chef der Visastelle der Polizei, Mr. Duan selbst und einige Leute vom Fernsehen anwesend. Wir wurden offiziell willkommen geheißen und über gewisse Verbote aufgeklärt, z.B. dürfen wir nicht an Drahtseilen hängend den Fluss überqueren oder die dreirädrigen Fahrzeuge, die hier so typisch sind, nutzen. Es wurde viel geredet, denn jede einzelne Person hat sich ausgiebig vorgestellt und gegen Ende mussten wir beide eine kleine Rede halten, in der wir uns für den herzlichen Empfang bedankt haben und versprachen uns an die Regeln und Gesetze zu halten – die Rede haben wir in der Nacht zuvor, im Schlafbus hin- und herschaukelnd, noch irgendwie im Halbschlaf vorbereitet, und obwohl wir manchmal etwas gestockt haben, war sie wohl größtenteils verständlich und kam sehr gut an (wahrscheinlich einfach nur, weil sie auf Chinesisch war, aber egal^^).

Danach gingen wir zu einem letzten gemeinsamen Essen, denn einige der Freiwilligen wurden nach dem Essen bereits von ihren jeweiligen Lehrern mit an ihre Schulen genommen. Fabia, eine unserer Mitfreiwilligen, hat diesmal sogar die Hühnerfüße probiert und meinte sie würden nach nicht viel schmecken, vor allem aber auch nicht besonders schlecht… Bis wir uns das trauen vergeht wahrscheinlich noch einige Zeit, aber eigentlich muss man es ja mal probiert haben… Wir werden sehen, das Jahr ist ja noch lang^^. So schade es auch ist einen Großteil der anderen etwas weiter entfernt zu wissen, wir haben uns versprochen uns gegenseitig sehr viel zu besuchen und in drei Wochen sehen wir uns bereits zum ersten Zwischenseminar wieder 🙂

Die letzten Freiwilligen mit den weitesten Wegen gingen zurück ins Hotel und wollten eigentlich früh schlafen gehen, denn zumindest für uns ‚Gongshanler‘ sollte die Reise am nächsten Morgen bereits um 7 Uhr weitergehen. Von unserem Fenster aus konnten wir jedoch abends eine Gruppe Menschen beobachten, wie sie auf der Straße im Kreis getanzt sind, also sind wir nochmal raus um uns das Ganze aus der Nähe anzuschauen. So lange konnten wir jedoch leider nicht bleiben, denn wir mussten irgendwie noch vier Koffer und vier Handgepäck-Rucksäcke in zwei bereits recht volle Autos quetschen und wir hatten ja noch immer ein ziemliches Schlafdefizit.

 

05.09.2012 – Chinesisches Frühstück und die abenteuerliche Reise von vier kleinen Mädchen auf der Straße nach Gongshan

„Frühstück“

Am nächsten Morgen wurden wir von Mr. Zhao, einem Mitglied des Bildungsministeriums von Gongshan 贡山 abgeholt (dieser hatte uns am Tag zuvor ebenfalls willkommen geheißen und war, weil er ein wenig Englisch spricht, vom Bildungsministerium und unseren Schulleitern damit beauftrag uns sicher nach Gongshan zu bringen) und, wer hätte es anders erwartet, zum Frühstück eingeladen. Neben Jiaozi (einer Art Maultaschen) und Xiaolongbao (gefüllten Teigtaschen) gab es für jeden von uns darüber hinaus noch eine Schüssel Nudeln.

Wie so vieles in China ist dieses warme Essen so früh am Tag recht gewöhnungsbedürftig – vor allem, wenn man morgens normalerweise wenig bis gar nichts isst. Überhaupt essen wir hier so viel, da ist es ein Wunder, dass wir noch nicht den Berghang runterrollen^^. Wir werden scheinbar von einem Essen zum nächsten eingeladen und haben bereits das Gefühl den lieben langen Tag nichts anderes zu tun, als zu essen. Was nicht einmal schlecht sein müsste, wenn es nur nicht immer so viel wäre, vor allem Fleisch… und es ist insgesamt auch ziemlich scharf… da vermisst man schon manchmal ein ganz einfaches Gericht wie zum Beispiel Nudeln mit Tomatensoße – das war dann auch das erste was wir hier zubereitet haben, als wir zum ersten Mal selber dazu kamen zu kochen^^. Aber langsam gewöhnen wir uns an die drei warmen Mahlzeiten pro Tag und zum Teil würzen wir bereits selber mit Schärfe nach. Auch können wir inzwischen besser einschätzen was uns voraussichtlich schmeckt und was wohl eher weniger.

In zwei Autos brachen wir gegen 8 Uhr zum letzten Abschnitt unserer Reise auf: Helen und Franzi in einem Auto mit Mr. Zhao und Nina und ich im Auto von Mr. He, seiner Frau und ihrem kleinen Sohn. Uns wurde schnell klar, warum man uns die Benutzung der dreirädrigen Fahrzeuge verboten hatte, denn sie wirkten insgesamt wenig vertrauenserweckend, wie sie stark hin und her schwankend die Straßen entlangrasten. Immer wieder lagen größere Steine auf der Fahrbahn und ich wollte lieber nicht darüber nachdenken, wo sie herkamen, bzw. wie sie dort hingekommen sind… An sich verlief die Fahrt bis Fugong 福贡 jedoch zügig und ereignislos. Das spannendste war neben der unglaublich schönen Landschaft wahrscheinlich der Blick, den wir auf Pihe werfen konnten – dort ist die Schule von Micha und Tom, in die vor einigen Jahren ein riesiger Stein gefallen ist, der nun mitten auf dem Gelände empor ragt – dementsprechend ist diese Schule im ‚Volksmund‘ seither nur noch als 飞来石-Schule („Schule des herangeflogenen Steins“) bekannt.

Ab Fugong wurde die Fahrt dann jedoch immer abenteuerlicher, da unsere Straße (wahrscheinlich aufgrund von Erdrutschen) streckenweise neu gebaut werden musste. D.h. auf dieser recht viel befahrenen Straße, die sowieso nur sehr schmal und links vom Nujiang 怒江 (unserem ‚wütenden Fluss‘) und rechts von einer Steilwand gesäumt ist, standen immer wieder große Baustellenfahrzeuge, an denen man irgendwie vorbeikommen musste. Die ganzen Schuttlaster nahmen beinahe die komplette Straßenbreite ein und einmal haben wir ernsthaft überlegt, ob der Laster nicht den Berghang runterrutscht, wenn er auch nur einen Millimeter weiter rechts fährt… gleichzeitig klebten wir aber schon so dicht an der Wand, dass wir Angst um unsere Achsen, Spiegel und überhaupt unser ganzes Auto hatten… Es verlief jedoch alles ohne den geringsten Zwischenfall und kurz darauf legten wir an einem Aussichtspunkt eine kurze Rast ein.

石月亮 – Der steinerne Mond

Dieser Aussichtspunkt ist ein recht bekanntes Touristenausflugsziel, weil man von dort einen perfekten Blick auf eine Bergspitze hat, in der ein beinahe kreisrundes Loch zu sehen ist. Weil sie dadurch sehr an einen Vollmond erinnert, wird sie auch 石月亮 ‚steinerner Mond‘ genannt – der Legende nach entstand dieser Mond wohl durch den Streit zweier Schwestern, die genaue Geschichte kennen wir jedoch bisher leider noch nicht. Zum ersten und sicherlich nicht zum letzten Mal wurden wir gefragt, ob man ein Foto mit uns zusammen machen dürfe und wir haben uns in dem kleinen Touristenladen umgesehen, der dort war. Ähnlich wie bei uns gab es hier jede Menge Krimskrams, von Steinen über Schlüsselanhänger, bis hin zu ganzen Trachten – gekauft haben wir allerdings nichts und so fuhren wir kurz darauf weiter.

Einmal war unsere Straße noch für eine halbe Stunde versperrt, weil mehrere Arbeiter zuerst noch einige große Felsbrocken aus dem Weg räumen mussten – sie waren gerade dabei die Straße zu verbreitern und kletterten über sehr wackelige, selbst zusammengeschnürte Leitern an der Felswand hinauf um dort mit einem Presslufthammer Steine wegzuhauen… während ich das gerade tippe fängt Helen neben mir plötzlich an zu singen „jeden Tag hol ich den Presslufthammer aus der Werkzeugkammer und dann geht es los rattatatong rattatatong weg ist der Balkon…“… wer sich auch immer solche Liedtexte ausgedacht hat, danke!!! – wir liegen nämlich am Boden vor Lachen :)… worauf ich zuvor eigentlich hinaus wollte: hier kann von Sicherheit am Arbeitsplatz auf jeden Fall keine Rede sein ^^

Die Straße nach Gongshan… oder zumindest das, was einmal eine Straße werden will

„Sicherheit“ am Arbeitsplatz

 

Gongshan – Das Ziel unserer Reise

Lange hat die Fahrt nach Gongshan dann nicht mehr gedauert und wir haben kurz vor dem Ortseingang auf einer Brücke angehalten und einen ersten Blick auf unser zu Hause des nächsten Jahres werfen können – einerseits war es genauso wie erwartet, andererseits aber auch gar nicht:

Die Stadt war größer als wir erwartet hatten und sah zum Teil auch aus, als sei sie nur für Touristen hergerichtet worden (siehe die Bilder von der Promenade und vom Strand), gleichzeitig war das meiste aber auch typisch chinesisch: viele kleine 4-qm Läden und ein Essensstand neben dem anderen – Obst-, Gemüse- und Fleischverkauf direkt auf der Straße, alles sehr laut und viele Menschen, die uns angestarrt haben als kämen wir vom Mond… Interessanterweise ist die ‚Innenstadt‘ von Gongshan eine große Ringstraße, auf der Einbahnstraßenverkehr herrscht (oder zumindest herrschen sollte), was ich bisher in China noch nie gesehen habe. Die beiden Schulen liegen ziemlich direkt an dieser Ringstraße, die Gongshan Yizhong 贡山一中, die Schule von Helen und Franzi, jedoch ein kleines Stückchen weiter den Berg hinauf. So gegen 4 Uhr mittags kamen wir schließlich auf unserem Schulhof an und waren natürlich sofort der Mittelpunkt des Interesses, sowohl von Schülern, als auch von Lehrern. Allerdings hatten wir nur fünf Minuten Zeit unsere Sachen schnell auf unsere Zimmer zu bringen, dann ging es bereits wieder los zum nächsten Essen 😉

 

Impressionen der Reise:

One Response so far.

  1. Sandra sagt:

    Yaaaaay! So ein langer Eintrag! Find ich gut 🙂

    Schön zu lesen, dass ihr soweit sicher angekommen seid und alles glatt ging! Ich hätte gerne ein Foto von dem Mensch-Handgepäck Berg am Flughafen *g* Klingt sehr lustig.
    Oh, und ein Video von euren Karaoke-Gesängen 😛

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